Sonntag, 27. April 2014

Melancholie und Einsamkeit

Das Wetter ist noch nicht besser. Im Gegenteil. Wo der Himmel versucht, hellblau durch zu stechen, werden die Wolken dicker und schwärzer. Sie verschlucken die Sonnenstrahlen wie gierige Mäuler, die nie genug bekommen können. Eigentlich mag ich solches Wetter ja. Die Düsterniss, der Geruch nach Regen und die nasskalte Atmosphäre überall. Aber zur Zeit ist das Wetter eher störend. Ich habe noch keine Regenkleidung für meine Tochter und mit den Jacken die ich habe, kann ich nicht raus mit ihr, sie wäre innert kürzester Zeit pitschnass und das kann ich wohl kaum zulassen.
Das gedämpfte Licht in der Wohnung drückt auf meine Stimmung. Obwohl ich eigentlich glücklich sein müsste, bin ich tieftraurig. Immer wieder sinke ich in diese erdrückende Melancholie und kann mich kaum mehr daraus retten. Vorallem am Wochenende ist es schlimm....es fahren kaum Busse, die Läden haben geschlossen und die Menschen verbringen ihre Zeit mit ihren Familien oder machen Party. Natürlich verbringe ich die Zeit auch mit meiner Familie...meine Tochter ist immer um mich herum. Aber das erfüllt mich nicht wirklich. Sie gibt mir viel und ich liebe sie wie sonst nichts. Ihre klaren, blauen Augen leuchten mich mit so viel Liebe an, dass ich gar nicht anders kann als sie zu lieben. Ihr kleines, breites Lächeln und der Klang ihres Lachens erfüllen mein Herz mit Freude. Einer Freude, die die Melancholie für kurze Zeit überdeckt. Aber mein Kind kann nicht vierundzwanzig Stunden um mich herum sein. SIe muss schlafen. Und das sind die Zeiten, in denen ich fast wahnsinnig werde. In dieser Zeit singen die Klingen so laut, dass ich Kopfschmerzen davon bekomme und es für mich immer schwieriger wird, ihnen zu wiederstehen. Es ist schwer, in dieser Zeit über Wasser zu bleiben und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aufs Lesen zum Beispiel oder aufs Zeichnen....ich versuche mich mit fernsehen abzulenken oder zu schlafen, was mir in den seltensten Fällen gelingt.
Meistens sitze ich dann da und starre fast schon aphatisch in den Raum. Ich kann spüren, wie mein Blick dann leer wird, die Sicht trübt sich und in meinem Kopf werden die Stimmen lauter. Manchmal sitze ich stundenlang so da (glaube ich) und wenn ich wieder zu mir komme ist es draussen bereits finsterste Nacht. Das passiert mir manchmal auch tagsüber und dann vergehen Stunden, in denen ich nicht weiss was ich getan oder wen ich getroffen habe. Viele sagen mir dann, ich wäre etwas seltsam gewesen, aber was wissen die schon?
Das Schlimmste aber ist, dass ich mit niemandem sprechen kann. Es ist niemand da, der mit mir disskutiert oder streitet. Niemand, der mich in den Arm nimmt wenn ich weine und mir ins Ohr flüstert, dass alles wieder gut wird. Es fehlt mir, meinen Kopf auf die Brust eines Menschen legen zu können und seinem Herzen zu lauschen. Das sanfte, konstante Pochen, das dumpfe Rauschen des Blutes in den Adern. Es fehlt mir, sanfte oder grobe Hände zu spüren, die sanft über meine Arme streicheln oder zärtliche Finger, die durch meine Haare kämmen und mich schläfrig machen. Aber am meisten fehlt mir eine menschliche Stimme, ein dazu gehörendes Gesicht, die mir antwortet, mir wiederspricht oder beipflichtet. Egal zu welcher Zeit, ich bin immer alleine. Sozial isoliert nennt sich das. Hat man mir jedenfalls gesagt. Die einzigen Kontakte dieser Art die ich habe, habe ich mit den Verkäufern und Verkäuferinnen, wenn ich etwas einkaufen gehe. Oder mit den Therapeuten, Pflegerinnen und sonst offiziellen Leuten, mit denen ich Termine habe. Aber sonst....Freunde habe ich so gut wie keine und die, die ich habe sind meilenweit weg. Sie können mich nicht oft besuchen und ich sie gar nie. Das alles macht mich traurig. So traurig, dass ich mir manchmal wünsche einfach liegen zu bleiben. Einfach weiter zu träumen...von besseren Tagen, von besseren Freunden, von besseren Zeiten. Von einem Menschen, der mich und mein Kind so liebt wie wir sind. Von jemandem, der sich freut uns zu sehen und der mir dieses...Kribbeln in den Körper zaubert, dass ich schon solange nicht mehr gespürt habe. Aber ich bezweifle, dass dieser Mensch so bald kommen wird, lerne ich doch höchstens vier Leute im Jahr kennen. Übers Internet mag ich nicht suchen, da sind meist nur Blender unterwegs und man weiss nie, auf was man sich wirklich einlässt. Am liebsten würde ich mich auf die Strasse stellen und laut in die Welt hinausschreien: "Liebt mich doch einfach verdammt nochmal!" Aber wir sind zivilisiert. Sagte man mir jedenfalls. Wobei ich, wenn ich das Weltgeschehen betrachte, nicht wirklich viel Zivilisation darin erkenne...auch das macht mich traurig. Der Mensch hat völlig den Blick für sich und seine Umwelt verloren und ich weiss weder wieso noch wann und egal wen ich frage, keiner kann es mir erklären. Es fallen Sätze wie: "Weil es halt so ist." "Weil der Mensch schon immer so war und immer so bleiben wird." und und und ...tragisch...oder?

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