Sonntag, 27. April 2014

Melancholie und Einsamkeit

Das Wetter ist noch nicht besser. Im Gegenteil. Wo der Himmel versucht, hellblau durch zu stechen, werden die Wolken dicker und schwärzer. Sie verschlucken die Sonnenstrahlen wie gierige Mäuler, die nie genug bekommen können. Eigentlich mag ich solches Wetter ja. Die Düsterniss, der Geruch nach Regen und die nasskalte Atmosphäre überall. Aber zur Zeit ist das Wetter eher störend. Ich habe noch keine Regenkleidung für meine Tochter und mit den Jacken die ich habe, kann ich nicht raus mit ihr, sie wäre innert kürzester Zeit pitschnass und das kann ich wohl kaum zulassen.
Das gedämpfte Licht in der Wohnung drückt auf meine Stimmung. Obwohl ich eigentlich glücklich sein müsste, bin ich tieftraurig. Immer wieder sinke ich in diese erdrückende Melancholie und kann mich kaum mehr daraus retten. Vorallem am Wochenende ist es schlimm....es fahren kaum Busse, die Läden haben geschlossen und die Menschen verbringen ihre Zeit mit ihren Familien oder machen Party. Natürlich verbringe ich die Zeit auch mit meiner Familie...meine Tochter ist immer um mich herum. Aber das erfüllt mich nicht wirklich. Sie gibt mir viel und ich liebe sie wie sonst nichts. Ihre klaren, blauen Augen leuchten mich mit so viel Liebe an, dass ich gar nicht anders kann als sie zu lieben. Ihr kleines, breites Lächeln und der Klang ihres Lachens erfüllen mein Herz mit Freude. Einer Freude, die die Melancholie für kurze Zeit überdeckt. Aber mein Kind kann nicht vierundzwanzig Stunden um mich herum sein. SIe muss schlafen. Und das sind die Zeiten, in denen ich fast wahnsinnig werde. In dieser Zeit singen die Klingen so laut, dass ich Kopfschmerzen davon bekomme und es für mich immer schwieriger wird, ihnen zu wiederstehen. Es ist schwer, in dieser Zeit über Wasser zu bleiben und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aufs Lesen zum Beispiel oder aufs Zeichnen....ich versuche mich mit fernsehen abzulenken oder zu schlafen, was mir in den seltensten Fällen gelingt.
Meistens sitze ich dann da und starre fast schon aphatisch in den Raum. Ich kann spüren, wie mein Blick dann leer wird, die Sicht trübt sich und in meinem Kopf werden die Stimmen lauter. Manchmal sitze ich stundenlang so da (glaube ich) und wenn ich wieder zu mir komme ist es draussen bereits finsterste Nacht. Das passiert mir manchmal auch tagsüber und dann vergehen Stunden, in denen ich nicht weiss was ich getan oder wen ich getroffen habe. Viele sagen mir dann, ich wäre etwas seltsam gewesen, aber was wissen die schon?
Das Schlimmste aber ist, dass ich mit niemandem sprechen kann. Es ist niemand da, der mit mir disskutiert oder streitet. Niemand, der mich in den Arm nimmt wenn ich weine und mir ins Ohr flüstert, dass alles wieder gut wird. Es fehlt mir, meinen Kopf auf die Brust eines Menschen legen zu können und seinem Herzen zu lauschen. Das sanfte, konstante Pochen, das dumpfe Rauschen des Blutes in den Adern. Es fehlt mir, sanfte oder grobe Hände zu spüren, die sanft über meine Arme streicheln oder zärtliche Finger, die durch meine Haare kämmen und mich schläfrig machen. Aber am meisten fehlt mir eine menschliche Stimme, ein dazu gehörendes Gesicht, die mir antwortet, mir wiederspricht oder beipflichtet. Egal zu welcher Zeit, ich bin immer alleine. Sozial isoliert nennt sich das. Hat man mir jedenfalls gesagt. Die einzigen Kontakte dieser Art die ich habe, habe ich mit den Verkäufern und Verkäuferinnen, wenn ich etwas einkaufen gehe. Oder mit den Therapeuten, Pflegerinnen und sonst offiziellen Leuten, mit denen ich Termine habe. Aber sonst....Freunde habe ich so gut wie keine und die, die ich habe sind meilenweit weg. Sie können mich nicht oft besuchen und ich sie gar nie. Das alles macht mich traurig. So traurig, dass ich mir manchmal wünsche einfach liegen zu bleiben. Einfach weiter zu träumen...von besseren Tagen, von besseren Freunden, von besseren Zeiten. Von einem Menschen, der mich und mein Kind so liebt wie wir sind. Von jemandem, der sich freut uns zu sehen und der mir dieses...Kribbeln in den Körper zaubert, dass ich schon solange nicht mehr gespürt habe. Aber ich bezweifle, dass dieser Mensch so bald kommen wird, lerne ich doch höchstens vier Leute im Jahr kennen. Übers Internet mag ich nicht suchen, da sind meist nur Blender unterwegs und man weiss nie, auf was man sich wirklich einlässt. Am liebsten würde ich mich auf die Strasse stellen und laut in die Welt hinausschreien: "Liebt mich doch einfach verdammt nochmal!" Aber wir sind zivilisiert. Sagte man mir jedenfalls. Wobei ich, wenn ich das Weltgeschehen betrachte, nicht wirklich viel Zivilisation darin erkenne...auch das macht mich traurig. Der Mensch hat völlig den Blick für sich und seine Umwelt verloren und ich weiss weder wieso noch wann und egal wen ich frage, keiner kann es mir erklären. Es fallen Sätze wie: "Weil es halt so ist." "Weil der Mensch schon immer so war und immer so bleiben wird." und und und ...tragisch...oder?

Samstag, 26. April 2014

Paranoia? Halluzination? Real?

Ich bin schlaflos. Eigentlich wollte ich mich vor mehr als zwei Stunden schlafen legen aber....es geht nicht. Wie immer hab ich meine Hörspiele angemacht, um die Wortgefechte in meinem Kopf zu dämpfen und den Lärm von draussen. Und trotzdem sind da diese Geräusche. Es hört sich nicht wie sonst an, wie mein seufzender Kühlschrank, das leidende Ächzen der Stützbalken oder das Gurgeln der Heizung. Es ist mehr ein Wispern. So, als stünde jemand neben mir und flüsterte mir grauenhafte Dinge ins Ohr. Dinge, die ich kenne. "Mach die Augen auf Miststück, du bist dran!" Ein Satz, den ich so gut kenne wie meinen eigenen Namen. Ich öffne meine Augen, aber da ist niemand. Natürlich ist da Niemand! Mein Kind kann nicht alleine aus dem Bett krabbeln und die Tür habe ich schon zwei Mal kontrolliert. Ich schliesse auf und wieder zu. Wie jeden Abend. Das muss sein!
Wenn ich durch das Zimmer schaue, dann sehe ich auf den ersten Blick nichts Neues. Mein Salontisch, der überfüllt ist von den Kinderbüchern, Zetteln und Fernbedienungen. Meine Kommode die so vollgestopft ist mit DVD's und VHS, dass sie bald platzt. Der tiefschwarze Bildschirm des Flatscreenfernsehers mit seiner roten Kontrolleute und das schwarze Büchergestell, dass in der Nische steht. Daneben hängt das Bild meiner Mutter mit den zwei Herzen. Eines von Vielen Kunstwerken aus ihrer Hand. Die Maske,die links über dem Fernseher hängt starrt seelenlos auf mich herab,die roten Lippen ausdruckslos.
Ich greife nach meinem Teddybären und ziehe ihn, hilfesuchend wie ein kleines Kind, an mich. Er kann mir nicht helfen, das weiss ich, aber es beruhigt mich, ihn im Arm zu halten. Er riecht nach meiner Tochter und nach dem Parfum meines besten Freundes, dass er mir liebevoll darauf gesprüht hat. Er ist einer der wenigen Menschen, die mir nicht helfen wollen, sondern mich behandeln, als wäre ich wie er. Gesund und guter Dinge. Aber das bin ich nicht, denn da ist etwas.
An den Wänden schleichen die Fliegen hin und her und stossen sich dann summend in den dunklen Raum. Aber an den Wänden ist auch noch etwas anderes. Ein Schatten. Nein: Zwei! Sie befummeln sich in einem abstrakten Spiel, teilen sich und fliessen dann wie Pech ineinander über. Sie kriechen über das monotone Weiss, auf mich zu und von mir weg. Mein Herz rast, die Angst schnürt mir die Kehle zu und treibt mir Tränen in die Augen. Ich weiss dass es keine Lichtspiele von draussen sein können, denn die Aussenwelt habe ich für die Nacht boykottiert.
Ich schliesse meine Augen und das ekelhafte Flüstern verstummt. An seine Stelle treten grausame Bilder. Bilder von Blut, in das ich getaucht werde. Blut, das mir auf die Stirn geschmiert wird wie Weihwasser bei der Taufe. Ich sehe in die schwarzen Löcher unter den Kaputzen und weiss, dass das alles nicht real ist. Aber die Schmerzen sind real. Ich kann meinen Körper kaum bewegen, spüre wie sich Hände an mir zu schaffen machen, wie Klingen mein Fleisch malträtieren und heisser Wachs über mich fliesst. Angstvoll öffne ich die Augen wieder, aber die Gestalten verschwinden nicht. Sie stehen im Kreis um mich herum, obwohl ich weiss, dass ich in meiner Wohnung auf meiner Couch liege und meilenweit weg bin von ihnen. Ein paar von ihnen kichern, als sich ein Seil um meinen Hals schlingt. Bruch.
Ich halte die kleine Tigerkatze auf meinem Arm und streichle sie. Eigentlich ist es ein Kater, knapp drei Monate alt. Ich mag dieses Tier, auch wenn ich mit Katzen nicht viel anfangen kann. Doch ich bin traurig. Wir gehen die verlassene Landstrasse entlang zu dem kleinen Wäldchen, in dem ich vor ein paar Jahren mein Kaninchen vergraben habe. Meine Mutter hatte damals ein Kreuz aus zwei Stöckchen gemacht und es in die Erde gesteckt, damit ich den Ort auch wiederfinde, sollte ich ihn suchen. Langsam bekomme ich angst. Wieso hat diese seltsame Frau mich mitten in der Nacht geweckt? Das alte, halbvermoderte Laub knistert unter unseren Füssen und irgendwo haben wir wohl ein Nachttier aufgeschreckt, denn es knackt im Unterholz.
Ich weiss, das ich in meiner Wohnung und auf meiner Couch liege, weit weg von alledem.
Wir haben die Stelle erreicht, an der ich meinen Hasen vergrub. Das Kreuz war noch da, aber es wär schräg und nicht mehr ganz so schön wie es mir damals vorgekommen war. Mein Katerchen schnurrt genüsslich vor sich hin, während ich ihm nervös durchs Fell kraule. Ich drücke ihn an mich, denn ich ahne nichts Gutes.
"Setz dich auf den Boden und leg die Katze vor dich.", befiehlt mir diese kalte, befremdliche Stimme. Natürlich tue ich es, denn ich weiss, wenn ich es nicht tue oder frage warum, wird sie mich schlagen. Ich will nicht geschlagen werden. Das Kätzchen sieht mich merkwürdig an. Es scheint mir, als schreie es in meinem Kopf um Hilfe aber wer soll uns helfen? Einen Moment lang denke ich, ich könnte das Kätzchen nehmen und davon laufen. Aber wohin? Zu meiner Mutter kann ich nicht, die ist verschwunden. Nach Hause kann ich auch nicht, denn da findet sie uns. Und wohin ich sonst gehen soll weiss ich nicht. Die grosse, gutgenährte Frau nimmt ihre Tasche von der Schulter und kramt darin. Etwas blitzt fahl auf. Woher kam das Licht? Ich weiss es nicht.
Ich schliesse meine Augen erneut, aber die Bilder gehen nicht weg. Sie werden schneller.
Das Messer. Dieses grosse, kalte Messer, das sie mir entgegen streckt und von mir verlangt, dass ich es nehme. Mein Körper gehorcht ihr, aber mein Kopf will das nicht. Ich fange an zu schreien. Stumm und nur für mich und das Kätzchen hörbar. Sie drückt es mit ihrem breiten Fuss auf die Erde, damit es nicht aufspringen und davonlaufen kann. Und dann schneidet ihre  grauenhafte Stimme in dieses obszöne Bild: "Ich will, dass du jetzt dieses Messer nimmst und damit dieses Vieh aufschlitzt! Versuch nicht, mich zu verletzen, sonst wirst du deinem Hasen und der Katze Gesellschaft leisten hast du mich verstanden?"
Ich spüre die heissen Tränen heute noch in meine Augen und über meine Wangen rollen. Sie fühlten sich damals an wie Säure, die mir das Gesicht und den Hals verätzt. Ich nicke. Natürlich nicke ich...was sollte ich auch sonst tun?
Der kleine Körper ist warm, zittert und ich kann das kleine Herz rasen spüren. Eine Taschenlampe blitzt auf und blendet mich. Ich kneife meine Augen fest zusammen und setze das Messer zitternd an die Brust des Tieres. Ich habe solche Angst, dass ich glaube auf der Stelle tot umzufallen. Aber das kann ich nicht. Ich darf nicht sterben, ich will doch wieder zu Mama zurück. Und das kann ich nicht wenn ich tot bin. Sie faucht mich an, ich solle meine verdammten Augen öffnen und als ich es nicht sofort tue trifft etwas hartes meinen Rücken. Schmerzen schiessen durch meine Wirbelsäule und meine Beine und einen Moment lang ist alles taub. Ich hab nicht geschrien und darauf bin ich stolz. Ich bin stärker als sie, weil ich nicht schreien muss. Sie schlägt mich ein zweites Mal mit dem Ast, dieses Mal spür ich es kaum. Ich versuche meinen Blick irgendwo hin schweifen zu lassen, als sie meine Hand packt und ungeduldig das Messer in das junge Fleisch der Katze drückt.
Ich weiss, das ich in meiner Wohnung auf meiner Couch liege und weit weg bin von alle dem!
Aber sie zwingt mich, es mir anzusehen. Sie tritt mich und ich schiebe das Messer langsam weiter in den kleinen Körper. Die Katze schreit fürchterlich und ich hoffe, dass das irgendjemand hört. Das Irgendjemand uns sieht und mich rettet. Die Katze rettet, die ich doch so sehr liebe. Aber Niemand hört oder sieht uns. Das Licht der Taschenlampe wird diffuses Licht auf das Spektakel und es erscheint mir wie ein Traum, als ich die Klinge nach unten ziehe, die dünnen Knochen auseinander breche und langsam den prallen Bauch der Katze aufschneide. Das Blut rinnt mir über die Hände und vermischt sich mit meinen Tränen, die bereits mein Shirt durchnässt haben. Ich schluchtze und will aufhören. Ich will dieses Tier nicht töten, aber ich muss. Wieder schlägt und tritt sie mich, befiehlt mir, das Messer bis zum Ende durch zu ziehen. Das Kätzchen ist verstummt und ich kann auch sein Herz nicht mehr fühlen. Alles was ich fühle ist die Hitze seines Blutes, dass von meiner Hose aufgesaugt wird und meine Knie und die Unterschenkel rot färbt. Der kleine Körper zuckt. Sie zwingt mich, die Innereien des Kätzchens aufzuheben und zu essen. Ich breche. Sie drückt meinen Kopf in das Erbrochene und zwingt mich, es aufzulecken.
ICH WEISS, DAS ICH IN MEINER WOHNUNG AUF MEINER COUCH LIEGE UND WEIT WEG BIN VON ALLEDEM!!!!!!
Ich liege im unteren Bett des Kajütenbettes und schlafe. Ich träume schlecht von grossen, dünnen Männern die in mein Zimmer kommen und mir zeigen, was Mann mit meinem Körper alles machen kann. Der Schweiss hat das ganze Bett durchnässt. Plötzlich bekomme ich keine Luft mehr und fange an wie ein Fisch am Hacken zu zappeln. Das dicke, schwere Kissen presst sich auf mein Gesicht und ich spüre ihre grosse, massige Hand darauf. Das Gewicht ihres immensen Körpers drückt eine Kuhle neben mir in die Matratze und ich versuche sie zu treten. Aber das geht nicht. Wieso geht das nicht????
"Du hast mir nicht gehorcht und das ist deine Strafe du wertlose, dreckige Schlampe. Du Kind des Teufels mit einer verfluchten Hure!" Sie nimmt das Kissen von meinem Gesicht, kurz bevor die Schwärze kommt. Ich kenne diese Schwärze. Sie kommt mehrmals täglich.Farbige Blitze tanzen vor meinen Augen und gierig fülle ich meine Lungen mit der unguten Luft. WIeso ist die Luft so schlecht? Das Fenster stand doch offen? Ich schmecke Blut in meinem Mund.
ich weiss, das ich in meiner Wohnung auf meiner Couch liege und weit weg bin von alle dem...
Oder?
Ich fahre auf, hechle, ringe nach Atem. Frische Luft. Das Prasseln des Regens draussen. Mein Teddybär. Er riecht nach meiner Tochter und dem Parfum meines besten Freundes, dass er liebevoll für mich darauf gesprüht hat. Aus dem Kinderzimmer höre ich das leise Schnarchen meines Kindes und weiss, dass es vorerst vorbei ist. Die Schatten sind weg, aber die Angst nicht. Die Angst und die Trauer stecken in meinem Hals wie ein Felsen, den ich nicht hinunterschlucken und auch nicht auspucken kann. Mein Gesicht ist heiss und nass und ich wische mit der Hand darüber. Blut. Ich mache das Licht an und wische mir erneut über den Mund und die Nase. Blut. Ich drehe mich und betrachte mein Kissen. Es ist blutig. Auch meine Augen sind blutig. Wiedereinmal. Ich greiffe zu den Taschentüchern auf dem Salontischchen und drücke mir eines gegen die Nase, um die Blutung zu stoppen. Ich bin zu Hause. Ich bin Hier und Jetzt. Das Kätzchen ist seit knapp 13 Jahren tot und vermutlich schon lange verrottet. Aber in meinem Kopf lebt es noch. In meinem Kopf kann ich sehen, wie es gierig an der Flasche nuckelt und sich auf meinem Schoss zusammenrollt. In meinem Kopf gibt es keine Kissen. Die haben wir alle abgeschafft. Zu gefährlich. Aber die Stimmen sind noch da.
Sie kreischen, toben und streiten sich. Ich beachte sie nicht, denn ich weiss dass sie sowieso nicht auf mich hören werden. Also schliesse ich die Tür zu meinem Kopf einfach und setze mich in die Dunkelheit. Die beruhigenden Klänge des Hörspiels rieseln wie Nieselregen in mein Bewusstsein.
"Kommt Kollegen, durchsucht ihr den netten Sohnemann.."
"Fingerweg ihr verdammten Drecksbengel!" Justus, Bob und Peter sind mal wieder zur Auflösung ihres Falles gekommen. Sie befinden sich nicht in den 50er Jahren. Es war alles nur ein Schwindel. Erstunken und Erlogen um ein Firmenerbe abzukassieren.
Ich schreibe ein paar Zeilen und lasse mich wieder in mein Kissen sinken, als mir auffällt, dass es nass ist. Ich werde es morgen waschen. Ich nehme meinen Teddy und lege ihn unter meinen Kopf, das Kissen liegt auf dem Wäschekorb. Der Teddy riecht nach meiner Tochter und dem Parfum meines besten Freundes, dass er liebevoll für mich darauf gesprüht hat. Es beruhigt mein rasendes Herz und die Schmerzen im Bauch und am Rücken verblassen allmählich. Mein Blick wandert an die Decke und ich hoffe, endlich die erlösende Dunkelheit zu finden, die kein Blut beherbergt und keine Katzen, vermummten Gestalten oder Stöcke und Peitschen. Aber ich weiss, dass ich diese Dunkelheit ohne die Tabletten nicht finde, die ich nicht nehmen kann, da ich sonst nicht in der Lage bin, morgen früh wieder aufzustehen und den Tag frisch zu beginnen.

der ganz normale Psychiatriewahnsinn

Seid mal ehrlich: wie oft habt ihr schon Menschen mit verschnittenen Armen gesehen und gedacht: "Was für ein Emo!" oder habt miterlebt wie jemand plötzlich wirres Zeug anfängt zu schreien und euch einfach umgedreht? Ich denke, oft genug. Aber habt ihr auch nur einmal daran gedacht, solchen Menschen zu helfen? Euch einfach neben sie zu setzen und ein paar nette Worte mit ihnen zu wechseln? Wahrscheinlich nie!
Ich finds traurig...ganz ehrlich. Denn wie oft hab ich mir gewünscht, dass einfach Jemand mit mir spricht?!? Natürlich gibt es auch Menschen, die das gar nicht wollen, aber das findet man nur heraus, wenn man etwas wagt oder nicht?
Gerade wieder ist eine Bekannte von mir in stationärer Behandlung und ihr geht es gar nicht gut! Sie fragte in einem Social Network, ob sie jemand besuchen käme. Natürlich wurden Fragen laut wie: "Warum bist du denn da?" und "Was willst du hier?" Und von einem Gruppenmitglied kamen sogar heftigste Beleidigungen. Es ging von Mittleidskind bis hin zu gestört und was weiss ich. Sie merkte nicht,dass sie sich dabei bei allen unbeliebt machte, aber ich glaube dass sie die Art Mensch ist, die nicht einmal merken würde wenn ihr Kopf fehlt. Ich persönlich finde es traurig.....ich weiss nur zu gut, wie sich das anfühlt, wenn man alleine in einer Klinik sitzt. Umgeben von altklugen Ärzten, unnützen Tabletten und zugedröhnten Patienten, die im besten Fall einen halben Satz von sich geben können, ehe sie wieder in ihr wahnwitziges Delirium fallen. Es ist nicht leicht, den ganzen Tag die Eintönigkeit der farblosen Wände zu ertragen, den permanenten Geruch von Desinfizierungsmittel oder das endlose Gebrabbel irgendeines Therapeuten, der es zwar gut mit einem meint, aber doch eigentlich keine Ahnung hat, wovon er da eigentlich spricht. Selbst die Beschäftigungstherapien werden nach ein paar Tagen zu einem routinierten Vorgang, der die Kreativität blockiert und für nichts weiter Platz lässt, als das eigene Elend.
Und vom eigenen Elend wollte man ja eigentlich wegkommen oder? Aber das kann man in einer Klinik nur sehr langsam, dazu sind die ja schliesslich da....oder etwa nicht? Ich weiss nur noch, dass ich damals sehr schnell den Koller bekam. Es ging mir durch die vielen, belanglosen Gespräche nicht wirklich besser, Die vielen Tabletten konnten da auch nichts ändern. Im Gegenteil. Viele glauben, Tabletten lösen die Probleme, aber sie sind nichts anderes als anerkannte Drogen. Sie verdrängen die Gedanken, töten die Gefühle und machen uns zu leeren, leblosen Puppen. Nach ein- zwei Wochen fängt man an, einfach alles zu schlucken was sie einem hinhalten, ohne nachzufragen was und wofür das gut ist. Nach drei Wochen ist es nicht mehr wichtig, dass sie einem etwas hinhalten, man hält selbst die Hand auf, weil man die Ruhe im Kopf geniesst und erleichtert ist, dass die Gefühle nicht mehr wie aufgeschäuchte Hühner schreien. Man ist froh, dass man nichts mehr fühlen muss ausser der Leere. Doch diese Leere ist trügerisch. Nach wenigen Tagen wird sie unerträglich. Man fängt automatisch wieder an zu grübeln...über nichts wichtiges, denn das kann man nicht mehr. Es sind Dinge wie: "Warum scheint die Sonne nicht mehr?" oder "Wieso ist der Regen kalt?" und "Wann kommt das nächste Essen?" Man fängt an zu roboten. Wortwörtlich. Der Tagesablauf ist immer der gleiche, nichts ändert sich, ausser der Anzahl Mitinsassen und deren Gesichter. Hin und wieder stirbt jemand oder kommt in die Isolationszelle, aber das nimmt man kaum wahr. Sie alle sind nur noch Schatten in diesen, mit Neonlicht gefluteten Gängen. Sie schleichen tonlos über die PVC Böden, die alle dieselbe Farbe haben. Das ist so, damit man bei einer Verlegung nicht verunsichert wird, dass die Stabilität nicht ins Wanken gerät. Man fängt an die dunkelblauen Punkte in der blassgrünen Oberfläche zu zählen. Um sich abzulenken. Um einen Sinn zu finden. Und nach vier bis sechs Wochen hat man vergessen, warum da ist. Man fängt an zu begreifen, dass die Tabletten nicht wirklich Besserung verschaffen und schluckt sie nicht mehr herunter. Mit der Zeit hat man Tricks herausgefunden, wie man sie verstecken kann. Unter der Zunge, oder hinter dem letzten Zahn. Man spuckt sie im Zimmer aus, spült sie die Toilette hinunter oder verstaut sie in einem Plastiksäckchen, das man anschliessend irgendwo versteckt. Es dauert keine fünf Tage, bis man genug Tabletten für ein ganzes Krankenhaus zusammengesammelt hat. Hin und wieder denkt man darüber nach, diese Tabletten an andere Patiente zu verkaufen. Nicht weil man reich werden will. Man will einfach ein Bisschen mehr Geld haben, als man bekommt. Und die Käufer sind zufrieden. Sie können sich damit aus diesem Wahnsinn flüchten, machen sich selbst zu Marionetten eines Anderen oder sind einfach scharf auf einen Trip. Man beneidet sie. Man kommt sich vor, wie ein einziger Haufen Unglück. Mit Tabletten kann man sich nicht mehr in eine andere Welt flüchten und selbst wenn, wird man durch die Gespräche immer wieder in die Eigene zurück geholt. Irgendwann hat man den Bezug zur Aussenwelt verloren. Das Interesse am Weltgeschehen ist verloren, Fernsehen ist nichts weiter als flimmernde Ablenkung, die man nicht verstehen kann. Freundschaften entstehen. Fragwürdige Freundschaften zweifellos, aber sie sind das Einzige, dass einem den Alltag in diesem Wahnsinn erträglich machen. Es tut gut zu lachen, selbst wenn man nicht weiss oder versteht weshalb. Es tut gut, sich mit anderen zu unterhalten...vielleicht haben sie sogar ähnliche Probleme wie man selbst. Und es tut gut, sich gegenseitig hochzuschaukeln. Man fühlt sich verstanden, auch wenn das in den meisten Fällen nicht der Fall ist. Die Psychologen und Psychiater sind mittlerweile nichts weiter als Clowns, die nicht dich zum lachen bringen, sondern sich selbst an deinem Unglück laben und darüber lachen. Sie nehmen dich nicht ernst und nach einer Weile nimmst du sie auch nicht mehr ernst. Die Pfleger werden zur Hassfigur. Egal was sie zu wem sagen, man regt sich darüber auf. Aber am meisten regt man sich über sich selbst und sein Umfeld auf. Wie oft hat man doch schon gehört dass sie dich besuchen kommen und sind dann doch nie gekommen. Und wie oft haben sie einem Vorwürfe gemacht und unverständlich den Kopf geschüttelt. Natürlich ist es nicht einfach, das Seelenleben zu verstehen, aber das verlangt auch niemand. Das Einzige was wir wollen ist Akzeptanz....so genommen zu werden wie man nun eben ist und ein Bisschen Rücksicht. Aber das bekommt man höchst selten. Vielleicht kommen sie die ersten Tage tatsächlich, aber das lässt nach. Irgendwann rufen sie dann auch nicht mehr an, sie schreiben nicht mehr. Sie haben dich einfach vergessen. Man sitzt vor den geschlossenen Fenstern, starrt ungeduldig in die Freiheit hinaus und fragt sich, wo man welchen Fehler gemacht hat, dass man schlussendlich hier gelandet ist? Aber die Antwort bleibt aus. Wie soviele andere Antworten auch. Und irgenwann, wenn man genug von diesem Zirkus hat, packt man seine Sachen, lässt sich ausweisen und geht nach Hause. Man ist nicht geheilt, die Tasche ist voller Drogen und das Leben draussen scheint schwerer zu sein als es jemals zuvor war. Berge von Rechnungen warten, ausgetrocknete Pflanzen stehen überall herum und warten auf ihre Beerdigung auf dem Kompost, weil die nette Nachbarin aufgehört hat, sie zu giessen. Man will sich nicht mit einem "Psycho" in Verbindung bringen. Abschaum der Gesellschaft. Der normale Alltag beginnt wieder, man versucht zur Schule oder zur Arbeit zu gehen, aber egal wo man hingeht, man wird angestarrt wie ein Aussätziger. Das Einkaufen fällt schwer, hat man in der Zeit doch schon fast vergessen, wie das geht. Der Haushalt wird zum grössten Problem. In einer Klinik muss man nicht putzen. Keinen Müll runter bringen und kein Geschirr abwaschen. Die Tabletten wirft man in irgendeinen Schrank, wo sie verstauben bis sie abgelaufen und pures Gift sind. Und irgendwann scheint es wie ein Traum, dass man mal in der Klinik war.

allein mit dem Kind

Nun....wie ich euch ja bereits in der Einleitung sagte, bin ich alleinerziehende Mutter. Wer jetzt denkt: Och die arme, dumme Maira! Hat sich getäuscht. Ich wurde nicht verlassen. Ich habe ihn verlassen....zwischen uns war einfach alles tot irgendwie....es gab nichts mehr, worüber wir wirklich sprachen und es gab nichts mehr, was wir gemeinsam unternahmen. Er nahm mich nicht wahr, ich ihn dafür umso mehr. Immer mehr viel mir auf, dass er einfach so krass mein Gegenteil war, dass es einfach nicht funktionieren konnte. Wollte ich hinaus, wollte er drinnen bleiben. Wollte ich ein Spiel spielen, wollte er lieber "chillen". Wenn es Essen gab, sassen wir etwas fünf Minuten gemeinsam am Tisch, die restlichen zwanzig ass ich allein. Ich bin eine langsame Esserin muss ich dazu sagen....isst man weniger, geniesst man mehr. Er ass dreimal soviel wie ich und das in, wie gesagt, fünf Minuten. Danach stand er einfach auf, nahm seinen Teller, ging eine Rauchen und liess mich alleine zurück. Kein: "Danke war gut." Kein: "Ist es okay für dich, wenn ich schon mal aufstehe?"
Nein. Er ging einfach und liess mich zurück. Ich habe lange um unsere Beziehung gekämpft, aber wenn man ein Jahr lang alleine kämpft, hat man irgendwann keine Kraft mehr...das könnt ihr doch verstehen oder?
Und als das Kind dann kam, fühlte ich mich noch einsamer als zuvor. Es gab gar nichts mehr, worüber er mit mir sprach. Es gab nichts mehr, was wir teilten. Um das Kind hab ich mich meistens alleine gekümmert. Ebenso um den Hund, der zwar papierlich mir gehörte, für den wir bis dahin aber gemeinsam gesorgt hatten. Ich hatte den Haushalt, den ich zugegebenermassen nicht wirklich im Griff hatte und ich hatte das Administrative von uns Beiden. Kurz: Er war den ganzen Tag auf der Baustelle, kam abends nach Hause, verbrachte vielleicht eine Stunde mit uns und ging dann bereits wieder schlafen.Ich blieb alleine. Er wollte nicht mit uns spazieren gehen. Er wollte nicht mit uns raus gehen. Er wollte nichts mit uns unternehmen. An den Wochenenden tat er manchmal dann doch was, stand morgens auf, wenn die Kleine schrie, ging mit dem Hund raus....aber auch das: allein. Ich fühlte mich selbstverständlich und unsichtbar. Einfach nicht wahrgenommen. Also flüchtete ich mich ins Internet. Ich zockte stundenlang. Telefonierte über Skype mit Freunden oder bastelte an diversen Homepages. Mittlerweile sind alle inaktiv. Und dadurch hab ich dann auch einen Blender kennengelernt, der mich aus dieser "Hölle" herausgeholt hat....das ging zwar nicht gut, aber immerhin konnte ich mich so lösen. Ich zog aus, mitsamt Kind und Hund und zog zu meiner Mutter. Ein anderes Thema, dass ich vielleicht später nocheinmal anschneide. Von da zog ich dann wieder in die Region, suchte mir eine....einigermassen gemütliche Wohnung und startete in mein Leben als alleinerziehende Mutter. Es ist wirklich nicht einfach. Vorallem, wenn man kaum schlafen kann und das Kind immer mehr von einem fordert, aber ich gebe jeden Tag mein Bestes. Nur für meinen Engel, denn sie soll es später besser haben als ich

Freitag, 25. April 2014

Einleitung in meinen Wahnsinn

Also....erstmal Hallo und wie geht's? :D
Nein....Spass beiseite. Ich bin neu im "Bloggergeschäft" und ich hab ehrlich gesagt auch keine Ahnung, ob und was das wird....nur vorneweg: Es heisst nicht wegen Nichts "365 Tage Wahnsinn". Ich lebe im Wahnsinn, ich bin hineingeboren worden und ich werde mit ihm sterben vermute ich mal. Ich will hier keine Heulsusenshow abziehen und ich will auch  von niemandem Mitleid. Ich will mich einfach nur mitteilen und vielleicht den Einen oder Anderen erreichen....
Mittlerweile bin ich 24 Jahre alt, habe eine bald zweijährige Tochter und lebe alleine. Mein Leben bisher war nicht wirklich toll....ich habe am eigenen Leib erfahren, was es heisst missbraucht, misshandelt und gemobbt zu werden. Ich hatte Nichts und hab doch Alles verloren.
Ich hab auf der Strasse gelebt, bin abgestürzt und habe zahllose (wie mir scheint) Klinikaufenthalte hinter mich gebracht. Ergebniss: Es wird von Tag zu Tag schlimmer. Ich habe Freunde gewonnen und Fremde verloren. Ich hab Doktoren in den Wahnsinn getrieben und meine Lehrer überrascht.
Falls ihr jetzt denkt, ich halte viel auf mich...dem ist definitiv nicht so! Ich halte von mir selbst eigentlich nicht viel, zweifle mich jeden Tag aufs Neue an und versuche immerwieder, mich davon zu überzeugen, dass auch ich irgendetwas wert bin auf dieser Welt....gelingt mir meistens nicht.
Euer Mitleid, die Haterkommentare und die altklugen Ratschläge könnt ihr euch schenken...in frühen Jahren habe ich Dr. Freud's Psychologieratgeber gelesen und befinde mich seit 16 Jahren in Therapie...bisher ohne nennenswerten Erfolg.
Natürlich liegt das teilweise auch an mir...ich verstelle mich einfach zu sehr. Aber das will ich mit diesem Blogg ändern. Ich möchte einfach einen Einblick in mein Wesen geben...einen wahren, unverblümten. Mancheinem wird es vielleicht vorkommen wie eine schlechte Hollywood Story, ein Anderer wird denken, ich schreibe einen zweitklassigen Psychothriller und wieder Andere werden mich für eine Lügnerin halten. Ist mir ehrlich gesagt egal....früher hätte es mir etwas bedeutet, dass die Leute mir glauben, heute ist es nur noch...zweitrangig...ich weiss, wie und was es war. Und das reicht mir. Aber womit ich nicht leben kann, ist dieses Schweigen....das Schweigen von mir.

Ich hoffe, ihr könnt damit was anfangen und ich hoffe vorallem, dass ihr es ernst nehmt.....